Modelle
Das traditionell konservative Paarmodell sieht ungefähr so aus: Man lernt sich kennen, verliebt sich und entscheidet sich zu irgendeinem Zeitpunkt für die ‚bis dass der Tod uns scheidet‘ Variante. Dieses Konzept ist in einer Zeit entstanden, in der sich der Bewegungsradius eines Menschen noch nicht über die Kontinente erstreckte und der Lebensinhalt vorwiegend auf Heim und Hof konzentriert war. Damals war das sinnvoll.
Heute ist das Leben schneller und die Möglichkeiten (persönliche und berufliche Entwicklungschancen) vielfältiger. Mittlerweile geht es nicht nur um die Chemie zum Zeitpunkt des Kennenlernens, sondern auch um die Weiterentwicklung und Flexibilität in der Beziehung. Wenn einer der Partner in wesentlichen Entwicklungsschritten (Siehe Menüpunkte Elemente) zurück bleibt, kann sich dies sehr schnell belastend auf die Beziehung auswirken. Dann erfolgt wie bereits beschrieben (Menüpunkt Liebe) eine Abwägung zwischen der Sicherheit und Vertrautheit, die ein langjähriger Partner bietet und der Chance auf einen Wachstumsschub mit einem neuen Gefährten.
Im bisherigen Denkschema wird der Begriff ‚Liebe‘ häufig limitierend interpretiert. Aus ‚Liebe‘ machst Du vielleicht Dinge, die Du sonst nicht machen würdest oder verzichtest auf andere. Liebe bedeutet aber nicht Verzicht und Einschränkung. Liebe zum Partner besagt nicht, dass Du Deine Wünsche und Bedürfnisse nicht ausleben darfst, um die Beziehung nicht zu gefährden oder Deinen Partner nicht zu enttäuschen. Das ist keine Liebe. Liebe ist immer Freiheit. Begrenzungen sind immer Angst. Wenn Du diese Begrenzungen aufheben willst, kommt es auf das WIE an. Es geht darum sowohl Dich selbst als auch Deinen Partner abzuholen und auf neue Wege mitzunehmen. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Du Dich offen und frei mitteilen kannst.
Die größte und am schwersten (mental und emotional) zu realisierende Öffnung ist die der Sexualität. Das funktioniert dann, wenn gleich starke Partner zusammengefunden haben und das Liebesverständnis ‚gebend‘ ist: „Ich liebe Dich so sehr, ich möchte dass Du eine schöne Zeit hast und glücklich bist“. Bis das jeder selbst so (ehrlich) umsetzen kann, ist es sinnvoll kleine (Zwischen-) Schritte zu gehen. Es geht auch gar nicht darum eine vollständige Öffnung zu erzielen, sondern Dir eine Auswahl zu geben und aufzuzeigen, dass Du nicht in einem konservativen Beziehungsmodell stecken bleiben musst, wenn Du und Dein Partner das nicht wollen.
Dir wird vielleicht auffallen, dass ich bei den Modellen scheinbar das gegenteilige Ziel verfolge wie bei den Liebeskonzepten. Bei den Liebeskonzepten möchte ich die Verschmelzung mit dem Partner herbei führen, das emotionale ‚eins-werden‘ und bei den Beziehungs-Modellen bezwecke ich die größtmögliche Individualität und Trennung. Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, ist aber ganz einfach zu erklären: Die eigentliche und echte Verbindung ist emotional (feinstofflich). Was in den meisten Beziehungen umgesetzt wird, ist eher materiell oder grobstofflich (oberflächlich). Statt das eigene Herz mehr und weiter zu öffnen geben wir uns mit Versprechungen zufrieden, die künstlich eine dauerhafte Verbindung erzeugen sollen (= oberflächlich). Um die feinstoffliche Verbindung über die persönliche Öffnung zu erhalten, soll daher die (veraltete) Umsetzungsart aufgelöst werden. Es findet sozusagen eine mentale und physische Befreiung statt.
Das klassische Beziehungsmodell:
Eigenschaften:
- Arbeitsteilung
- räumliche Nähe
- Zukunftsperspektive
Vorteile:
- größtmögliche Vertrautheit und Vertrauensbasis
- Sich in- und auswendig kennen, Stabilität
- Sicheres Umfeld für Gemeinsamkeiten (eigene Wohnung/Haus, Kinder)
Nachteile:
- Durch Kompromisslösungen kann die eigene individuelle Ausdrucksweise begrenzt werden
- Zunehmende Sicherheit kann zu Routine (Selbstverständlichkeit) führen d.h. Lasten von Leichtigkeit und Spontanität
- Da man sich als Paar (Familie) bewegt, kann die Entwicklungsgeschwindigkeit /-möglichkeit stark reduziert sein und ggf. als Stillstand empfunden werden
Öffnungsmöglichkeiten:
- Konsequente ‚für sich‘ Zeiten einführen für Hobbies, Freunde, Weiterbildungen, ggf. Urlaub und sich selbst wichtig nehmen
- An den eigenen Problemzonen (siehe Menüpunkt Elemente) arbeiten, d.h. individuell Schritte zu mehr Unabhängigkeit, innerer Stärke etc. angehen und umsetzen
Beziehungsmodell 1 (M1):
Abweichungen von ‚klassisch‘ können z.B. sein:
- getrennte Wohnungen/Schlafzimmer
- eigene Finanzen/Freunde
- getrennte Aufgaben z.B. Steuererklärung, Altersvorsorge, kochen/putzen
Vorteile:
- Beibehaltung der persönlichen Individualität / Stärke
- Neutralerer Blickwinkel auf die Beziehung / sich selbst
- Erhöhung der Wertschätzung für z.B. gemeinsame Zeit / Aktivitäten
Nachteile:
- ggf. Abhängigkeits-/Mangelempfinden wenn Du die Nähe zum Partner nicht auf emotionaler Ebene (siehe Menüpunkt Liebeskonzepte) herstellen kannst
- Konfliktpotenzial in der Übergangszeit, wenn Du Dich bei den Beziehungselementen (noch) bei hohen Nummern befindest
Öffnungsmöglichkeiten:
- Konsequent offene Kommunikation über alles – einen ‚Raum‘ der Möglichkeiten (mit vielen potenziellen Ideen) schaffen, der sich über alle Lebensbereiche erstreckt (einschließlich Sexualität)
- Toleranz und Akzeptanz gegenüber den Lebensinhalten (Interessen) des Partners, die ggf. nicht mit einer klassischen Beziehung/M1 vereinbar sind – ohne sich selbst bedroht zu fühlen
- Dankbarkeitsempfinden für die aktuell erlebte Zeit und jeden Tag, der dazu kommt. Auf eine langfristige Planung mit dem spezifischen Partner verzichten, die dann ggf. als fest definiertes Ziel angestrebt wird. (Bsp: Ich will nur mit dir diese Familie gründen – alternativ: ich bin mit dir gerade sehr glücklich, lass uns schauen wo wir beide uns gemeinsam hin entwickeln. Ich persönlich wünsche mir irgendwann in Zukunft eine Familie. Vielleicht ist das auch dein Weg).
Beziehungsmodell 2 (M2):
Abweichungen von M1 können z.B. sein:
- Verzicht auf langfristige Zukunftspläne
- Partner ist Deine größte Vertrauensperson, die alles über Dich weiß und Dein Leben kennt
- Du bist für den Partner ein selbstloser Ratgeber, der das Beste (im Hinblick auf seine/ihre Wünsche) für ihn/sie will – unabhängig davon, was aus Dir selbst oder der Beziehung wird
Vorteile:
- Du lebst wirklich im Moment und konzentrierst Deine ganze Energie darauf die Zeit mit dem Partner so schön wie möglich zu gestalten – die gemeinsame Zeit wird dann mehr Qualität erhalten
- Du bist sowohl Dir selbst als auch Deinem Partner gegenüber vollkommen ehrlich und zeigst Dich genauso, wie Du bist. Entsprechend kannst Du darauf vertrauen, dass Du (als Mensch) geliebt wirst und nicht die Fassade, hinter der Du Dich früher ggf. versteckt hast
- Das Beste für einen anderen zu sehen und zu wollen bewirkt, dass Du auch für Dich selbst das Beste erleben möchtest und nicht länger bereit bist, mit Dir und dem Leben (schlechte) Kompromisse einzugehen
Nachteile:
- Du fühlst Dich ggf. orientierungs- und planlos, da Du abstrakte Wünsche/Ziele hast und nicht weißt, wie Du dort hinkommen könntest; auch fehlt Dir ggf. die Sicherheit/Halt durch den Partner (Ziel: Aufbau Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten/das Leben)
- Sich vollkommen zu öffnen bringt eine gewisse Verletzlichkeit mit sich. Wenn heikle Themen angesprochen und Emotionen hervorgerufen werden, musst Du damit umgehen (können) und diese heilen. Das kann Zeit und Energie kosten
- Es kann an Beständigkeit mangeln, da Du ggf. öfter zu dem Schluss kommst, dass das Beste für Dich (oder den Partner) nicht die gemeinsame Zukunft ist
Öffnungsmöglichkeiten:
- Stärkere Unabhängigkeit und Freiheit leben und ausnutzen
- (Körperliche/Weltliche) Vergnügungen bewusst suchen und ausleben, basierend auf Selbst-Liebe und persönlicher Stärke (= sich ausprobieren) — Siehe Menüpunkt Spiel & Spaß (noch in Arbeit)
Beziehungsmodell 3:
Abweichungen zu M2:
- Fokus auf das eigene Selbst (Wissen, was gut für Dich ist)
- Lebenserfahrungen sammeln
Vorteile:
- Was für Dich selbst am besten ist, füllt Dich mit Stärke und Liebe und Du kommst in Deine ganze Kraft um Dein Potenzial zu nutzen und ggf. (aus Stärke heraus) zu verschenken
- Erlebte Erfahrungen tragen weiter zu Fülle bei, bauen (mentale) Wunsch-Barrieren ab und führen zu mehr Selbstbewusstsein und einem größeren Wissen
- Du drückst Dich mit Deiner ganzen Individualität aus und entfaltest Dein kreatives Potenzial und Deine Fähigkeiten
Nachteile:
- Du bist nicht mehr mit allen Menschen kompatibel und ggf. ändern sich Deine Beziehungen
- Deine bisherigen Lebensverhältnisse werden sich Deinem neuen Selbst anpassen, da Du die bisherigen Rahmen sprengen wirst
Öffnungsmöglichkeiten:
- Den Partner/Familie/Freunde vollkommen loslassen, sowohl in sexueller als auch emotionaler Hinsicht und dabei die Liebe/Verbundenheit in gleichem Umfang aufrecht erhalten
Beziehungsmodell Frei:
Abweichungen zu M3:
- Frei zu sein bedeutet, dass alles auf freiwilliger Basis erfolgt. Es gibt keine materiellen Verpflichtungen d.h. Verträge, Versprechen, Schuldgefühle etc. sondern Handlungen entspringen dem momentanen Wunsch aller Beteiligten.
Vorteile:
- Sichere Gewissheit, dass die Grundlage für alle Handlungen die Liebe/Zuneigung der Beteiligten ist
- Innere Stabilität und Stärke aller Beteiligten d.h. man kann zusammen sein, muss aber nicht. Entsprechend ist die Qualität des Zusammenseins sehr hoch
- Tiefe liebevolle Verbundenheit
Diese Beziehungsmodelle habe ich geschrieben um eine schrittweise (mentale) Öffnung aus der konservativen Beziehungsform darzustellen. Sie soll aber auch als Anleitung für die Entstehung von zukünftigen Liebes-Verbindungen verstanden werden, bei denen die Partner im Idealfall die erforderliche innere Stärke und Unabhängigkeit bereits mitbringen und sich bewusst für eine engere Form des Zusammenlebens entscheiden.